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Weihnachtszeit 2015
WEIHNACHTEN BEI DEN KREUZELMÄNNCHEN
Von: Änne Fuhrmann
Zufrieden schaute sich Finchen im festlich hergerichteten Wohnzimmer um. Der geschmückte Weihnachtsbaum wartete nur auf das Anzünden der roten Kerzen.
Herbert hatte dicke Holzscheiten in den Kamin geschoben. Die Funken sprühten, und es breitete sich eine wohlige Wärme aus.
Hans rieb sich seinen dicken Bauch und schaute mit glänzenden Augen auf den Teller mit Zimmetwaffeln, Anissternen, Butterplätzchen, Lebkuchen und die rotbackigen Äpfel, die Finchen auf dem Tisch platzierte. Hm, war das ein Duft!
Heinrich, der Älteste der Kreuzelmännchen, hatte es sich in seinem Ohrensessel bequem gemacht und wartete geduldig darauf, dass es sich auch Finchen auf der Chaiselongue gemütlich machte.
„Finchen, beeil Dich, sonst kriegen wir nie Deine neue Weihnachtsgeschichte zu hören. Du wolltest uns doch erzählen, wie Maria die Gottesmutter wurde“ drängte der ungeduldige Kalli.
„Gemach, gemach“ beschwichtigte Finchen „ich beeile mich schon, will nur zuerst noch den Glühwein und die Bratäpfel für Euch holen.“
Dann war es soweit. Heinrich entzündete wie in jedem Jahr die Kerzen am Christbaum. Finchen saß endlich in ihrer Sofaecke und begann zu erzählen:
„Die Maria, wisst Ihr, die Maria, die hat als Kind in der Stadt Nazareth gewohnt, die in Galiläa liegt. Fromm war das Mädche und gottesfürchtisch. Ihr Mutter Anna, die war Witwe, und Geld hatten sie nicht viel. Deshalb musste die Maria bissche was dazuverdiene. Schafwoll hat sie gesponne. Ganz riesige Balle davon musst sie Tag für Tag verschaffe.
Das war nicht so einfach. Ihr Füß habe geschmerzt von dem viele Trete auf das Spinnrad-Pedal, und ihr Finger ware vom Spindele der raue Woll ganz wund. Sicher, sie hat bei der Arbeit unter dem Strohdach gesesse und geschafft, aber es war doch aarisch heiß.
Abends, wenn sie fertig war, hat sie ihren Rücke nicht mehr gespürt vom lange Stillsitze auf dem harte Holzschemelche, das der Zimmermann Joseph für sie gebaut hat.
Wie sie bei Feierabend die ganze Wollknäuel in eine riesige Korb verpackt hat, da wollt sie grad noch für paar Minute einfach ruhig sitze bleibe und sich bissche ausruhe. Auf einmal knarrt hinter ihr die Werkstatttür von der Zimmerei, wo der Joseph tagsüber schafft.
Er baut Kommodcher, Regale und Dachsparre. Wenn Maria alsemal Zeit hatt, geht sie bei ihn und guckt ihm bei der Arbeit zu.
Und der Joseph, der freut sich, wenn sie kommt. Er hat sie halt immer gern gehabt, schon als Kind. Ja, seit damals kam sie zu ihm in die Werkstatt, denn ihr Papa, der hat früher bei dem Joseph geschafft und dem beim Hobele und Hämmere geholfe.
Eines Tages, da gab’s ein großes Unglück. Der Papa von der Maria ist von einem Dachsparre erschlage worde. Jetzt war die Not groß. Der Joseph, der hat Mitleid mit der Anna und ihrem Mädche und hat beide bei sich im Haushalt schaffe lasse.
Die Anna hat das Haus sauber gehall und gekocht und gewäsch. Und die Maria, die hat halt das Schafsfell zu Woll gesponne, und die hat der Joseph dann verkauft. Alles in allem gesagt, der gute Mann hat die zwei Fraue nicht im Unglück hocke lasse.
So ging es alle Drei soweit gut. Die Maria hat dem Joseph in der Mittagspaus das Esse in die Werkstatt gebracht. Der hat sich gefreut auf den Krug mit kühlem Wein, denn die Holzspän machte ihm en trockene Hals. Und Brot, ja Brot, das bracht die Maria auch immer mit.
Manchmal gab’s dazu ein Salzhering oder auch bissche Käs, was grad so im Haus war. Und das Mädche, das ist beim Joseph sitze gebliebe, bis er satt war und sich mit der Hand den Mund abgewischt hat.
Der Zimmermann, der hat das genosse, wenn die Maria bei ihm war, denn die war jetzt schon eine richtig schön jung Frau geworde. Über ihr dunkle lange Haar hatt sie sich immer einen Schleier gelegt, um sich bissche vor der Sonn zu schütze.
Und Jungfrau war sie auch noch, das wusst der Joseph ganz genau. Die Maria, die war gottesfürchtisch und fromm und hat nie nach de Bube geguckt. Die hat immer nur vom liebe Gott geschwärmt, mit dem sie stundelang rede konnt.
Irgendwann hat der Joseph halt die Anna beiseit genomm und gefragt, ob er die Maria heirate dürft. Die Anna, die hatt sich gefreut, weil sie genau wusst, dass ihr Kind gut versorgt war.
Dann kam ein ganz besonderer Tag an de Himmel! Die Maria hatt schon einen riesige Berg Wollknäuel im Korb gestapelt und wollt grad wieder die Spindel drehe, da stand er vor ihr, der Engel. Die Maria, die war ganz schön erschrocke, als sie die Lichtgestalt vor sich gesehe hatt.
Auf der Stell wusst sie, das das nur ein Engel und sonst nichts sein konnte. Und gesproche, das hatt er auch. Maria war hellwach, und sie konnt gar nicht glaube, was sie da gehört hatt.
Er, der Engel, bringe ihr die frohe Botschaft, dass sie von alle Fraue auf der Erd dazu auserwählt sei, den Sohn Gottes auf die Welt zu bringe. Die Maria, die konnt nur staune.
Warum hatt sich Gott ausgerechnet so en arm Mädche ausgesucht? Aber ihr Herz, das war so gläubig und fromm, dass sie dene Worte von dem Bote einfach vertraut hat. Und als der Engel weg war, hat sie sich wieder beruhigt und gebet.
Aber das musst sie unbedingt dem Joseph sage, mit dem sie doch verlobt war. Ob der ihr die Geschicht glaube tät? Sie war doch noch Jungfrau!
Zuerst hat sie paar Woche lang gar nix gesagt, weil sie sich selbst erst an den Gedanke ihrer Mutterschaft gewöhne musst. Doch dann, als sie wieder Mal sein Esse in die Werkstatt gebracht und der Joseph bei ihr auf der Bank gesesse hatt, da hatt sich die Maria ein Herz gefasst und ihm die ganz Geschicht von A bis Z erzählt.
Der Joseph, der hat zugehört, nur stumm mit dem Kopf genickt und der Maria ins Gesicht geguckt. Ihr Blick, der war so klar wie das Wasser hinne aus dem See, und ganz selig hat sie gewirkt, hat so von inne heraus geleuchtet, als wenn sie tausend Kerzelichter verschluckt hätt.
Es blieb ihm nix anneres übrig, als ihr zu glaube.
Annererseits war er selbst keine junge Mann mehr. Er war sich nicht sicher, ob er mit seiner jungen Frau noch ein Kindche zeugen könne. Und wenn die Sach so ist, wie sie ist, dann wolle er für sie und das Bübche einstehe.
Ehrlich, der Josef hatt sich auf den Nachwuchs gefreut. Endlich hätt er einen Nachfolger, dem er das Zimmermann-Handwerk beibringe könnt. Damals hatt er noch gar nicht ahne könne, was alles mit seinem Sohn auf die klein Familie zukomme tät. Da der Joseph kein Zweifel an der Wahrheit von Marias Geschicht hatt, hatt er ihr das alles abgenomme und geglaubt.
Kurz Zeit später kam die Nachricht, dass sie sich all in das jüdische Land zur Stadt Davids zu begebe hätte, die da Bethlehem hieß. Sie sollte sich schätze, also zähle, lasse.
Joseph und sein schwanger Frau Maria gehörte dazu und ware über die lang Reis alles andere als begeistert. „Geb dem Kaiser, was des Kaisers und Gott, was Gott ist“, dacht Joseph ergeben, packte Lebensmittelvorräte, Geschirr, Decke und auch Windelcher in die Säck und lud alles auf seinen Esel.
In der Morgenkühle machte sie sich auf den Weg. Meistens schwiege sie, denn sie hatte sich wegen dem aufgewirbelte Staub auf den Straße Tücher vor Mund und Nase gebunde. Wenn Maria, dere ihren Leib sich deutlich wölbte, müd wurd, dann habe sie in Palmenhaine Rast eingelegt, um sich vor der sengende Sonn zu schütze. Bald jedoch gliederten sie sich wieder in die lang Reih der Reisende ein, die all der Stadt Davids zuströmte.
Es war die reine Völkerwanderung. Das alles ging nicht immer so friedlich ab. Da wurd unterwegs um den beste Ruheplatz gestritte und dene Leut ihr Kinder ware auch nicht immer die Bravste. Babys sind auf dem Zug auf die Welt gekomme, und es sind auch paar Alte krank geworde oder sogar gestorbe bei dene Strapaze.
Die meiste musste natürlich auch ihr Viehzeug auf den Weg mitnehme, weil daheim niemand war, der es versorge konnt. Schafe habe geblökt, Ziege gemeckert und bellende Hunde sind hochgesprunge. War das ein unbeschreibliches Gewirr von Tierlaute um sie rum!
Der Joseph, der hat sich um sein Maria gesorgt, hatt immer en frische Schluck Wasser parat und sie oft auf dem Esel reite lasse, während er selbst zu Fuß ging.
Was hatt der arme Kerl Blase an de Füß! Aber er musst ja weiter! Weiter auf der Such für die nächst Lagerstell, einer Herberg, in der sie die Nacht verbringe könnte. Zuerst ging das ja noch ganz gut, aber je näher sie Bethlehem kame, umso schwieriger wurd das.
Alle Bette ware belegt, und so übernachtete sie in der eisig Kält im Freie. Freilich ware da auch andere Reisende, dene es genau so ging. Auch wenn sie Feuer ansteckte zum Schutz vor wilde Tiere, und ganz nah an die Feuerstell heran rückte, kroch die Kält durch alle Decke bis auf ihr Knoche.
Die Karre, auf dene die Reisende ihr Habseligkeite mit sich führte, hatte tiefe Fahrrinne in die Straße gegrabe, und es ging nur noch holpernd und stockend weiter.
Maria ist der Weg immer schwerer gefalle, je weiter die Schwangerschaft fortgeschritte war. Joseph guckte ganz besorgt, als sie aufstöhnte und sich ihr Händ auf de Leib legte. Er wusst, dass er sich beeile musst, und dass es nicht mehr lang dauern könnt mit der Geburt. Er hat aufgeatmet, als endlich die erste Häuser von Bethlehem in Sicht kame.
Wenigstens für diese Nacht der Niederkunft sollt sein Maria in einem weiche Bett liege. An jeder Haustür, an der er angeklopft hatt, wurd ihm gesagt, dass alles besetzt sei. Mal sagte man es ihne freundlich und mitleidig, als sie die Hochschwangere gesehe habe, manchmal hatt niemand aufgemacht, und dann gabs auch noch Leut, die habe sie einfach vom Hof gejagt und Hunde auf sie gehetzt.
Der arm Josef war fix und fertig und endlich, an der letzte Tür hat es geklappt. Es war ein Wirtshaus. Der Wirt stand vor der Tür, und paar Kinder versteckte sich hinter ihm, wie der Fremde auf sie zukam und um Unterkunft gefragt hat. Der Wirt wollt schon abwinke, aber dann hat er die Maria gesehe. Die konnte kaum noch stehe.
Da hat der Wirt so richtig Mitleid gekriegt, denn vor ein paar Tag hatt sein Frau ebenfalls entbunde. Nach fünf Töchter endlich ein Sohn. Der Wirt hat übers ganze Gesicht gestrahlt. Er war dem liebe Gott so dankbar für seinen Stammhalter, dass er das Paar nicht abwimmele konnt. Er hatt wirklich die Bette schon überbelegt.
Nach kurzem Nachdenke hat er mit der Hand rüber zum Stall gewiese und gemeint, sie könnte dort die Nacht über bleibe, wenn sie damit zufriede wäre. Sie hätte dann wenigstens ein Dach über dem Kopf. Sie solle sich zwische Ochs und Esel ihr Lager mache, denn die täte sie sicher schön warm halte.
Was sollt der Joseph mache? Er war froh über den Unterschlupf und hat sein angetrautes Weib in den Stall geführt. Joseph hatt die Decke geholt und seiner Maria ein Bett im Stroh gemacht. Sie haben dem liebe Gott für das Dach und den warme Stall gedankt, sich auf die Geburt von Gottes Sohn in dieser Nacht vorbereit und gefreut.
Es sind lange und anstrengende Stunde geworde, und das traute Paar war selig, als die Geburt gut und ohne Zwischefäll vorbei war. Sie musste das Kindche immer wieder angucke, als es in sein sauber Windelche gewickelt in de Kripp lag, die der Joseph dick mit Stroh ausgepolstert hatt. Das war also Gottes Sohn. Sie konnte es nicht fasse!
Die Nacht war schnell rum, und es wurd schon bald dämmerig, als die Stalltür aufging und Hirte in den Stall kame. Immer mehr und mehr kame.
Auf einmal war der ganze Stall proppevoll mit Hirte, und sie habe all von dem Engel gesproch, der sie in der Nacht bei ihre Herde geweckt und gesagt hätt, ihne sei heute in dieser geweihten Nacht der Heiland geboren, welcher sei Christus der Herr.
Er tät in einer Kripp liege und wär in Windele gewickelt. Zuerst hatte sie gemeint, sie hätte sich verhört oder auch nur geträumt. Aber jeder von ihne hatt doch den Engel ganz deutlich vor sich gesehe. Bissche ratlos ware sie schon, denn keiner wusst den Weg dorthin. Der Engel hatt sie beruhigt und gesagt, sie solle nur dem helle Stern folge, der würd ihne den Weg weise.
Und hier, über genau dem Stall, da wär der Stern stehe gebliebe. Das müsst einfach stimme, meinte sie, denn dort im Krippche, da tät das Kindche ja liege! Und der Engel hätt noch gesagt, es wär in Windele gewickelt. Also musste das der Heiland, Gottes Sohn, sein!
Ganz andächtig ware die Hirte und die andere Leut aus Bethlehem, die dem Stern nachgelaufe sind. Sie habe sich vor der Kripp mit dem Kindche hingekniet, gebet‘ und stumm vor Staune an das Wunder der Heiligen Nacht geglaubt.“
„Finchen, das war aber eine schöne Geschichte“ meinte Heinrich. Herbert, Kalli und Hans nickten so eifrig, dass die Baskenmützchen auf ihren Köpfen auf und nieder hüpften. Die Bratäpfel waren mittlerweile ratzeputz verspeist, und nun taten die Kreuzelmännchen das, was sie am liebsten taten.
Sie füllten ihre Gläser randvoll mit Glühwein, stiegen auf die Zinnen des Milchhäuschens und entzündeten eine riesige rote Weihnachtskerze, auf dass sie weithin sichtbar das Licht der Liebe und des Friedens in die Welt trage.
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