JOHANN LAFER FORDERT:
„Politik muss mehr für Schulverpflegung tun“
Pilotprojekt in Schulmensa liefert wertvolle Erkenntnisse
für Konzept einer Schulessensreform
Text / Fotos: Norbert Krupp, KruppPRESSE
BAD KREUZNACH (07.07.13). „Mit vier Euro am Tag wird man auf Dauer betriebswirtschaftlich kaum in der Lage sein, diese Schulmensa wie bisher zu betreiben. Da bin ich ganz ehrlich“, sagt Johann Lafer. Gewisse Anlaufschwierigkeiten und der lange Winter mit seinen extrem hohen Obst- und Gemüsepreisen zeigten Wirkung. Dennoch sei das Projekt „food@ucation“ sehr erfolgreich: Die Mensa wurde gut angenommen, und täglich kommen 400 bis 500 Kinder zum Essen. Das berichtete der Mensa-Betreiber vor rund 100 rotarischen Gästen, die auf Einladung des Rotary Club Stromberg-Naheland seine Schulmensa im Bad Kreuznacher Gymnasium am Römerkastell besucht haben.
In wenigen Minuten wurden sie durch das Küchenteam mit zarter Maispoularde, frischem Gemüse, Kräuterkartoffeln und Blumenkohlcreme versorgt.
„Ich habe mich verpflichtet, das Projekt bis zum Ende des Jahres durchzuziehen“, steht Lafer zu seiner Bereitschaft, einen hohen sechsstelligen Betrag aus eigener Tasche in das Pilotprojekt, das sein Herzenswunsch war und ist, zu investieren. „Aber auf die Dauer ist das so nicht machbar, das muss man fairerweise sagen“, räumte er bei seiner Zwischenbilanz nun erstmals öffentlich ein. Deshalb sieht Lafer jetzt den Punkt gekommen, in Verhandlungen mit dem Kreis, dem Land und anderen Beteiligten darüber nachzudenken, wie die Erfahrungen aus dem einjährigen Pilotprojekt umgesetzt werden müssen. „Jetzt schau’n mer mal, noch ist nichts entschieden“, zeigt er sich optimistisch.
Am Ende des Jahres habe man mehr als 120 Gerichte ausprobiert und könne dank einer begleitenden Studie genau sagen, was bei den Schülern wie gut ankommen sei. Aus diesen Ergebnissen werde man dann eine komplette Schulessensreform konzipieren. Die entsprechenden Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, zu deren Einhaltung sich nur eine einzige Schulmensa im Land verpflichtet habe. „Bei Vorgaben, die keiner umsetzen kann, stimmt ja auch was nicht“, vermutet Lafer, der fürs Begehen neuer Wege wirbt.
Den Fernsehkoch regt es auf, dass der Staat 19 Prozent Mehrwertsteuer für Schulverpflegung kassiert, aber für Hundefutter, Pornohefte, Kondome, Taxifahrten und Hotelbetten nur 7 Prozent verlangt. „Es ist an der Zeit, endlich etwas für die Zukunft unseres Landes und für die Gesundheit unserer Kinder zu tun“, appelliert Lafer. Er hofft, dass sich die Politik gleich nach der Bundestagswahl dieses Themas, das gerade an Aufmerksamkeit und Brisanz gewinne, annehmen wird und hält es an der Zeit, über Schulverpflegung eine Grundsatzdiskussion in der Öffentlichkeit zu führen. „Ich hoffe sehr, dass wir damit etwas bewegen können“, so der Sternekoch und schiebt nach: „Wenn man nicht irgendwann mal kapiert, dass man eine bestimmte Qualität zu diesem Preis erzeugen kann, dann kann ich auch nicht helfen. Meine Mensa-Bilanz wird veröffentlicht, dann kann das jeder nachvollziehen.“
Lafer hofft, dass er durch seine öffentlichen Aussagen bei solchen Veranstaltungen und in Fernsehsendungen dazu beitragen kann, dass über gesunde Schulverpflegung nachgedacht wird. „Mehr will ich eigentlich nicht“, sagt Lafer.
Lafer führte die Stadt Saarbrücken als Positivbeispiel an: Hier sei neuerdings die Schulverpflegung kostenlos. „Die Schulmensen sind voll, und die Stimmung an den Schulen ist wesentlich besser.“ Diese gelte auch für das Gymnasium am Römerkastell: „Das Sozialverhalten und die Stimmung haben sich total verbessert“, stellt er fest.
Enttäuscht zeigt sich Lafer durch das fehlende Feedback und die sehr geringe Unterstützung von Seiten der Eltern, deren Kinder die Schulmensa nutzen. Aber seine jungen Gäste in der Schulmensa, die sich für das leckere Essen bedanken und von dem Projekt begeistert zeigen, machen ihn glücklich.
In seiner Eigenschaft als Internist und Rheumatologe unterstrich Prof Dr. med. Reiner Dreher die Bedeutung gesunder Ernährung im Kinder- und Jugendalter. Große Studien hätten eine breite Fehlernährung der 1- bis 17-Jährigen nachgewiesen: Kinder essen viel zu viel Fleisch, aber fast kein Gemüse und Obst. Zehn Prozent der Kalorien werden durch Süßigkeiten ersetzt, und 15 Prozent des Energiebedarfs decken zuckerhaltige Limonaden. 20 Prozent der Kinder weisen einen Vitamin-D-Mangel auf, der entzündlich-rheumatische Erkrankungen und später Osteoporose begünstige.
„Die Fehlernährung unserer Kinder durch gesunde Schulverpflegung und Schulung im Ernährungswesen zu verbessern, das ist aus Sicht des Arztes eine Herzensangelegenheit“, sagte Dreher auch im Hinblick darauf, dass solche Prävention auf Dauer die Krankenkassen entlaste.
„Ihr persönliches, wirtschaftliches und finanzielles Engagement geht weit über das hinaus, was man als selbstverständlich betrachten kann.“ Mit dieser Feststellung dankte Markus Dietrich, der neue Präsident des Rotary Clubs Stromberg-Naheland, dem Gastgeber Lafer. Er sagte zu, das Projekt „food@ucation“ mit einer Spende an den Förderverein zu unterstützen.