DEXHEIMER UND DAS NSU-VERFAHREN
Der deutsche Strafprozess steht in dem Ruf, zu sehr den Täter und zu wenig die Opfer in den Mittelpunkt zu stellen. Beim OLG München werden nun erstmals die Opferinteressen massiv vertreten – mit Einmischung der Politiker und Ombudsfrau der Bundesregierung.
Wie in unserer Talkshow-Demokratie üblich, blüht ein bunter Strauß an Kommentaren, wovon die krassesten am meisten Gehör finden. Das sind die, welche sogar Entschädigungen fordern, weil der Prozessbeginn verschoben wurde.
Von dort ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Einführung eines Opferrechts auf zügige Verhandlung nebst Kostenerstattung durch die Staatskasse.
Nun beginnen nicht wenige Strafverfahren mit Befangenheitsanträgen und werden kurz nach Eröffnung wieder vertagt. Der Sal.-Oppenheim-Prozess in Köln, angekündigt als größtes deutsches Wirtschaftsstrafverfahren der Nachkriegsgeschichte mit 78 Verhandlungstagen, wurde jüngst sogar nach nur einem Tag abgebrochen, weil ein Verteidiger die falsche Besetzung des Gerichts aufgedeckt hatte.
Es steht zu befürchten, dass solch legitime Ausschöpfung der Verteidigungsmöglichkeiten demnächst medienwirksam als angebliche Verhöhnung der Opfer gegeißelt wird.
Strafverteidiger ficht das nicht an, denn sie haben meist ein klares Rollenverständnis.