25.10.12 – GERICHT: Mit Messer auf Pfleger losgegangen

FÜR JUNGEN MANN STEHT
DAUERHAFTE UNTERBRINGUNG IM RAUM

Von: Rolf Müller, KreuznacherNachrichten.de

BAD KREUZNACH / IDAR-OBERSTEIN (25.10.12). Mit einem Fleischermesser war der Bewohner einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen auf einen Pfleger losgegangen. Weil er dabei rief, er wolle ihn abstechen, wird nun vor der Schwurgerichtskammer am Kreuznacher Landgericht -dort, wo es eben um Mord und Totschlag geht- gegen den 22-Jährigen aus Idar-Oberstein verhandelt.
„Versuchter Totschlag“ lautete denn auch die Anklage.
Getroffen hatte der junge Mann aber nicht. Der Pfleger konnte den Angiffen jeweils ausweichen.

Insgesamt zehn Mal habe der Angeklagte versucht zuzustechen, berichtete der Mann. „Ich stech Dich ab, es muss muss irgendwas passieren, ich muss hier raus“, habe er dabei geäußert. Die Verfolgungsjagd habe sich durch die ganze Einrichtung gezogen. Erst die Polizei habe dem ein Ende bereitet, so der Pfleger in der Verhandlung. „Ich war fest davon überzeugt, dass er es Ernst gemeint hatte.“
Der junge Mann beteuerte, er habe den Pfleger im schlimmsten Fall nur verletzen wollen. „Hätte es geblutet, hätte ich Arzt und Rettungswagen gerufen.“  Zu der Attacke sei es gekommen, weil er sich durch den Pfleger provoziert gefühlt habe.

Der junge Mann habe es niemals gelernt, mit Konfliktsituationen umzugehen, berichtete der Betreuer des Angeklagten. „Zuhause habe der Vater immer mit der Faust auf den Tisch geschlagen und gesagt wo es lang geht.“ Der Sohn habe das für sich übernommen. Er hoffe darauf, dass es Möglichkeiten gibt, dem jungen Mann entsprechende Verhaltensstrukturen zu vermitteln, so der Betreuer. Die angeklagte Tat interpretierte der Sozialarbeiter als „Hilfeschrei“ seines Klienten.

Den Angeklagten bezeichnete die Mitarbeiterin, die sich in der neuen Einrichtung um ihn kümmert, als -zwar verlangsamt- aber dennoch lernfähig. Auch habe er sich gut in die Gemeinschaft integriert.

Der junge Mann ist laut Anklage intellektuell minderbegabt. Grund dafür sei eine Entwicklungsstörung seines Gehirn in früher Kindheit. Der Vater sei psychisch am Ende und könne den Sohn nicht mehr aufnehmen, stellte der Betreuer fest. Auch die Mutter wollte den Jungen nicht mehr bei sich haben.

Der Angeklagte, der aber unbedingt zurück zum Vater wolle, könne oder wolle das aber nicht verstehen.

Das der junge Mann zu Gewalttätigkeiten neigt, zeigte sich bei zwei Vorfällen in jüngerer Vergangenheit: So kam es nach Zeugenaussagen in der Werkstätte für Behinderte, in der er arbeitete, zu einer Auseinandersetzung mit einem anderen jungen Mann, in dessen Verlauf der Angeklagte ihn am Hals packte und würgte. „Ich musste ihn in die geschlossene Psychiatrie einweisen, weil Fremdgefährdung bestand“, sagte der betreunde Arzt der Einrichtung aus.
Auch eine Freundin des Angeklagten hatte schlechte Erfahrungen mit dem jungen Mann gemacht. So habe der bei einem gemeinsamen Waldspaziergang eine Glasscherbe vom Boden aufgehoben und ihr ohne Grund an den Hals gehalten. Er müsse das jetzt tun, soll er dabei gesagt haben. Dabei sei sie leicht verletzt worden. Nach diesem Vorfall habe sie auch die kurze freundschaftliche Beziehung beendet.

Unheimlich war für Prozessbeobachter eine Aussage des jungen Mannes, wonach er gerne Horrorfilme schaue. Der Film „Scream 2“ gefalle ihm besonders gut. Auch die Maske zum Film, den er gerne nachstelle, habe er bereits, nur der Umhang würde ihm noch fehlen.  


Bedeutet der Angeklagte tatsächlich eine Gefahr für die Allgemeinheit oder muss er in einer stationären geschlossenen Einrichtung untergebracht werden? Mit dieser Frage muss sich die Kammer unter Vorsitz von  Richterin Tanja Voltz beschäftigen. Eine Einweisung könnte mitunter „Lebenslänglich“ für den Angeklagten bedeuten, weil seine hirnorganische Erkrankung irreparabel ist.

Aus diesem Grund will die Kammer noch weitere Zeugen und auch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. Ralf Werner hören.

 

 

 

 
Der Prozess wird am 6. November fortgesetzt.