KREUZELMÄNNCHEN – DAS KREUZNACHER OSTERWUNDER

 

 

Neues von den Kreuzelmännchen
DAS KREUZNACHER OSTERWUNDER


Von Änne Fuhrmann
„Kreuzelmännchen“ c by Brita Link und Rolf Müller

Ein heftiges Klopfen an der Tür riss Finchen am frühen Morgen aus dem tiefen Winterschlaf. Ihre Freunde hatten sich noch immer in den Betten die Decken über den Kopf gezogen.

Finchen staunte nicht schlecht, als sie Joseph Wild, ihren
alten Freund, mit einem riesigen Frühstückskorb willkommen
heißen durfte. Der Tisch war rasch gedeckt und Hans mit dem
dicken Bauch, Schelm Kalli und Herbert waren ebenfalls
erschienen, als der Duft von gebratenem Speck und Eiern durch das Milchhäuschen auf der Roseninsel zog. Selbst Heinrich, den Ältesten und Verschlafensten unter ihnen, hatten sie im Schlepptau. Bei dem fröhlichen Frühstück gab viel zu beratschlagen. Schließlich stand das Osterfest vor der Tür.
 
„Macht Ihr bei einer Osterüberraschung mit, so ähnlich wie
an Weihnachten?“ Finchen blickte erwartungsvoll in die Runde.

Hans wiegte zweifelnd seinen Kopf hin und her. Doch die
Anderen lachten ihn aus, als er fragte, wo er an Ostern
denn Schnee und Weihnachtskugeln hernehmen sollte!

Wie konnte der nur so begriffsstutzig sein, oder war er
über Winter schwerhörig geworden und hatte Finchens
Vorschläge nicht gehört?

Blumen! Viele Blumen, Blumen in allen Arten und Farben, und
bunte Ostereier müssten her, waren sie sich bald einig.


Finchen malte sich die leuchtenden Augen der Kreuznacher
Bürger aus, wenn sie am Ostersonntag aus den Türen und
Fenstern blickten.

Finchen, die Powerfrau, hatte genügend Blumensamen
bevorratet und verfügte über eine riesige Menge des
Zauberdüngers, der die Pflanzen enorm schnell wachsen ließ.
Es eilte, schließlich lag die Karwoche vor ihnen mit
dem oft schlechten Wetter.

Herr Wild erzählte von nassen, grauen Asphalt in der Innenstadt und den winter-muffeligen Mienen der Bürger.
Doch die Käuze, die immer alles wussten, hatten ihnen
verraten, dass am Ostersonntag die hellste und strahlendste
Sonne am Himmel lachen sollte.


Eine arbeitsreiche Woche begann nun für die kleinen
Kerlchen. Die Hasen hatten jede Menge Eier angeschleppt.
Es wurde gesät, gepflanzt, gegossen und gemalt.
Der Zauberdünger entfaltete seine Wirkung.

Am Karsamstag regnete es den ganzen Tag. Aber die
kleinen Kerlchen vertrauten der Vorhersage der Käuzchen.
Am späten Abend zogen sie mit vollgepackten Schubkarren
los, pflanzten im Kurpark Tulpen in allen Formen
und Farben, dazwischen Hyazinthen, Osterglocken,
Veilchen, Ranunkeln und Narzissen.

Das Pflaster auf dem Eiermarkt verschwand unter einer Fülle
bunter, duftender Blumen, die einen herrlichen Duft
verströmten. In alle Bäume hängten sie bemalte Ostereier an farbigen Bändern. Ein besonders schönes Blumenbeet platzierten sie am  „Käuzchen“, hinter dem die gefiederten Freunde wohnten.


Zufrieden mit ihrem Werk legten die kleinen Kerlchen
unter den Brückenhäusern eine Rast ein und wurden erst wach, als die ersten Sonnenstrahlen sie an der Nase kitzelten.
Langsam erwachte auch die Stadt, und endlich vernahmen
sie das erste helle Jauchzen eines Kindes.

Bald darauf öffneten viele Kreuznacher Bürger ihre Fenster und bestaunten die österliche Pracht in den Gassen und Parks der Stadt. Von dem grauen nassen Asphalt war nichts mehr zu sehen! Die Blumen hatten ihn verdeckt.


Niemand konnte sich satt sehen an dem fröhlich leuchtenden bunten Blüten. So hatten sie ihre Stadt noch nie gesehen!

Das Bad Kreuznacher Osterwunder hatte sich in Windeseile
herumgesprochen. Immer mehr Menschen eilten staunend
herbei und freuten sich.
 
Die kleinen Kerle in ihren bunten Jäckchen und den
schwarzen Baskenmützen waren zufrieden und glücklich,
als sie überall flüstern hörten: „Welch ein Glück,
dass es die Kreuzelmännchen gibt!“

DIE AUTORIN
Änne Fuhrmann ist 1941 in Oberwesel geboren.
Das Schreiben von Geschichten war schon seit der Schulzeit ihr Hobby. Sie besuchte die Handelsschule Dr. Lax und erlernte einen kaufmännischen Beruf. Der Umgang mit Zahlen fiel ihr nie leicht, wohl aber liebte sie den Umgang mit Buchstaben und das Flechten von Worten und Sätzen so lange, bis daraus Geschichten entstanden.

Gerne schreibt sie Gedichte in Vers- und Haiku-Form, ist damit bereits in fünf Haiku-Gedichtauflagen vertreten.  
Seit 1958 wohnt Änne Fuhrmann mit ihrer Familie in Bingen. Leider räumte ihr das Leben – Familie und Beruf – wenig Platz zum Schreiben ein. Erst nach ihrer Pensionierung als Sekretärin im Jahre 2002 griff sie erneut zur Feder bzw. zum Laptop. Seitdem entstand eine Reihe vergnüglicher und ernster Geschichten, die sie zum Teil in einem Buch „Theo im Tigertanga“ mit ihrer Schreibfreundin Brita Link aus Bad Kreuznach, zusammengefasst hat.