HANDTASCHENRAUB UND ÜBERFÄLLE AUF DREI SPIELHALLEN
Geringe Beute gemacht, aber psychische Schäden bei Betroffenen verursacht
Von: Rolf Müller, Kreuznachernachrichten.de
BAD KREUZNACH (14.03.13). Handtaschenraub in der Dr.-Karl-Aschoff-Straße und drei Überfälle auf Spielhallen im Stadtgebiet und in Gensingen: Die Beute war relativ gering, der Schaden, der an den Betroffenen angerichtet wurde dafür umso größer.
Am Landgericht wird wegen schwerer räuberischer Erpressung verhandelt (wir berichteten). Nachdem am Vormittag die Anklage verlesen und die sechs Angeklagten zur Person und zur Sache gehört wurden, machten am Nachmittag des ersten Verhandlungstages Gäste und Mitarbeiter zweier Spielhallen, und auch die beiden Frauen, die auf offener Straße überfallen wurden, ihre Aussagen.
Betroffenheit machte sich breit, als die 51 Jahre alte, ehemalige Angestellte der Spielhalle in der Bosenheimer Straße von ihrem Schicksal berichtete: Nach dem Überfall sei sie zunächst eine, anschließend drei Wochen krankgeschrieben gewesen.
Als dann ein Stammgast einen dummen Scherz zum Überfall machte, sei sie ganz zusammengebrochen, sagte die nervlich sichtlich angeschlagene Frau. Sie habe immer gerne gearbeitet und mit Menschen zu tun gehabt. Psychische Probleme habe sie vor dem Überfall nicht gekannt. Das habe sich schlagartig geändert. Jetzt leide sie unter Schlaf- und Essstörungen, sei nach einem stationären Klinikaufenthalt auch heute noch in psychiatrischer Behandlung und müsse Medikamente nehmen. Eine ständige Angst habe sie umgeben, dass die Räuber ihr Gesicht kennen würden. „Darum habe ich alles versucht um mich zu verändern.“ Dazu gehörte auch, dass sie sich die Haare hat abschneiden lassen. Das es zu solch drastischen Auswirkungen kommen musste wurde klar, nachdem die Zeugin berichtete, wie sich die Räuber während des Überfalls verhalten haben. Einer der Angeklagten habe mit einem Messer herumgefuchtelt, der Hauptangeklagte, der ebenfalls maskiert war, und dem sie nun von Angesicht zu Angesicht gegenübersaß, habe mit einer Pistole direkt auf sie gezielt. „Natürlich habe ich gedacht, dass die echt ist“, erklärte die Frau auf Nachfrage eines Prozessbeteiligten. Der Angeklagte, der das Messer führte, sei nach dem Überfall zu ihr gekommen, habe sich vorgestellt und sich entschuldigen wollen. Sie habe ihn nur fragen können, ob er denn wisse, was er ihr angetan habe. eine Frage, die diese Zeugin auch im Gericht an alle, an dem Raub beteiligten Angeklagten stellte.
Nahezu eine ganze Dose Reizgas hatte eine 51 Jahre alte Frau bei dem Überfall am 12. Januar des vergangenen Jahres in der Dr.-Karl-Aschoff-Straße ins Gesicht gesprüht bekommen. Zuvor sei sie von einem Täter gepackt worden, einen zweiten Räuber habe sie noch im letzten Moment aus dem Augenwinkel ausmachen können. „Dann hatte ich höllische Schmerzen und konnte nichts mehr sehen.“ Ihrer Handtasche konnten die Räuber zwar nicht habhaft werden. Sie selbst befinde sich seit dem Überfall in psychotherapeutischer Behandlung. Als Geschäftsfrau, die bundesweit unterwegs sei, wäre es für sie jetzt auch nicht einfach, sich an fremden Orten aufzuhalten oder gar in Parkhäusern ihr Auto abstellen zu müssen. Seit dem schlimmen Ereignis leide sie unter massiven Schlafstörungen und Angst- und Panikattacken. „Vor dem Überfall war mir so etwas völlig fremd“, stellte die Frau fest.
„Seit dem Überfall betreibe ich eine absolute Verdrängunsstrategie“, berichtete die zweite Betroffene des Handtaschenraubs. Termine in Bad Kreuznach nehme sie seit der Tat nicht mehr wahr. Auch könne sie abends nicht mehr alleine ausgehen und oft ertappe sie sich dabei, wie sie ums Haus läuft um zu schauen, ob dort fremde Autos stehen. Auch beruflich muss sich die Selbstständige seit dem Überfall gezwungenermaßen einschränken. So habe sie einen durchaus luktrativen Nebenjob als Nachtportier mit Fahrdienst wegen der Angst- und Panikattacken absagen müssen. „Ich habe keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen und muss heute sagen, dass dies ein Fehler war“, so die 56-Jährige auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Dr. Bruno Kremer.
In der Handtasche, die ihr entrissen wurde, habe sie an diesem Tag sämtliche Papiere gehabt. „Das war ein unglaublicher Aufwand, die Sachen neu zu beantragen und ausstellen zu lassen.“ Mit der Handtasche seien aber auch ihre Schlüssel abhanden gekommen. Die Anfertigung einer neuen Schließanlage für das komplette Mietshaus habe sie mehrere hundert Euro gekostet.
Geschockt sei er gewesen und habe sich überrumpelt gefühlt, beschrieb ein junger Mann, der in der Spielhalle am Kornmarkt am Tresen gearbeitet hatte, die Situation während des Überfalls. Zwar hätten die Täter mit einer Pistole und einem Messer hantiert, doch sei er selbst nicht bedroht worden. Ähnlich empfanden zwei Gäste die Situation.
Wegen des großen Umfangs der Beweisaufnahme hat die Kammer mit dem 25. März und 12. April zwei Fortsetzungstermine bestimmt. Dann will sich das Gericht auch Videos aus den Überwachungskameras ansehen. Außerdem sollen weitere Zeugen gehört werden.