VERGEWALTIGT, GEWÜRGT, GESCHLAGEN,
EINGESPERRT UND MIT DEM TODE BEDROHT
Landgericht verhandelt im Verfahren
um einen brutalen Familienvater
Von: Rolf Müller, KreuznacherNachrichten.de
BAD KREUZNACH / IDAR-OBERSTEIN / KIRN (15.01.13). Es geht um Vergewaltigung, Würgen, Schläge, Einsperren, und der ständigen Drohung mit dem Tode: Eigentlich werden Fälle der häuslichen Gewalt meist vor dem Schöffengericht am Amtsgericht verhandelt, doch in diesem Verfahren gegen einen 58 Jahre alten Mann, erschien der Staatsanwaltschaft das Außmaß der Brutalität so groß und umfangreich, dass sie es zur Großen Strafkammer am Kreuznacher Landgericht anklagte, wo nun gegen den gebürtigen Kirner, der nun in Idar-Oberstein wohnt, verhandelt wird.
In drei Fällen soll der Mann 2008 und 2009 seine damals vierte Ehefrau vergewaltigt, und dabei gewürgt haben, was laut Strafgesetzbuch den „Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung in der Variante der lebensgefährdenden Behandlung“ erfüllt. Als ihm seine Frau im Oktober 2009 eröffnete, dass sie sich von ihm trennen will, schlug der Mann ihr ins Gesicht und würgte sie abermals bis zur Atemnot.
Als Zeugin konnte die Frau am ersten Verhandlungstag noch nicht gehört werden. Wie die Nebenklagevertreterin den Prozessbeteiligten mitteilte, sei ihre Mandantin im Vorfeld der Hauptverhandlung zusammengebrochen und ins Krankenhaus eingeliefert worden.
Deren 26 Jahre alte Tochter, damals Stieftochter des Angeklagten, berichtete davon, wie auch sie gewürgt wurde, als sie ihrer Mutter zur Hilfe eilen wollte. Restriktive Vorgaben habe der Stiefvater gemacht, wenn es darum ging, wann und wo sie oder ihre Mutter hingehen durften. Für die Mutter gab es eine besondere Kleiderordnung, die sie zu befolgen hatte, nämlich Röcke, so kurz wie möglich und möglichst tief ausgeschnittene Blusen tragen.
Diese Eigenarten des Mannes musste bereits die zweite Ehefrau des Angeklagten über sich ergehen lassen. „Ich konnte doch mit solchen Klamotten nicht in die Stadt.“ Doch wenn sie sich weigerte, in Stöckelschuhen und Strapsen einkaufen zu gehen, sei sie eingesperrt und geschlagen worden. Immer wieder habe der Mann ihr gedroht, dass wenn sie etwas gegen ihn unternehmen wolle, würde er sie und ihren Sohn -seinen Stiefsohn- umbringen.
Einmal stand die Frau besonders schlimme Todesängste aus, als sie in der Nacht im Nachthemd in Richtung Polizeiinspektion Kirn flüchtete. Ihr Mann verfolgte sie mit dem Auto, sperrte die Frau in den Kofferraum und fuhr mit ihr in einen Steinbruch. Dort habe er sie geschüttelt und ihr noch einmal intensiv mit dem Tode gedroht.
Auch sie sei immer wieder unter Gewaltanwendung durch den Ehemann zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden, erzählte die Frau.
Diese Taten wurden allerdings nicht angezeigt und wären inzwischen auch verjährt.
Die ersten drei Jahre sei alles gut gelaufen, doch dann habe sich bei ihrem Mann eine Kehrtwende zu dem negativen Verhalten vollzogen.
Den entgültigen Entschluss auszuziehen habe sie erst gefasst, als sie eines Abends nach Hause gekommen sei und ihren Sohn gesehen habe, wie der sich, den gesamten Körper voller Blutergüsse, in eine Ecke verkrochen hatte. Mit einer Holzlatte, so die Staatsanwaltschaft, habe der Angeklagte den damals 14-Jährigen verprügelt, weil der sich laut Anklage nicht an der Gartenarbeit beteiligen wollte.
Das sie ihren Sohn durch eine frühe Trennung nicht schon früher vor den Übergriffen des Ehemannes geschützt habe, sei für sie ein ganz schlimmes Gefühl, so die Frau vor Gericht.
Erschütternd die Aussage des heute 26 Jahre alten Sohnes. Er berichtete, wie sie nachts aus Angst vor den brutalen Ausbrüchen des Stiefvaters aus dem Haus geflüchtet seien um sich im Wald vor ihm zu verstecken. Immer wieder sei er geschlagen, eingesperrt und mit dem Tode bedroht worden. Der Angeklagte sei ein Psychopath, befand der junge Mann auf Nachfrage von Richter Dr. Bruno Kremer. „Wie kann man sich so brutal gegenüber seiner Familie verhalten und nach außen auf heile Welt machen?“
Der Prozess wird am 28. Januar fortgesetzt.