17.09.12 – DEXHEIMERS GEDANKEN: „Weinlese“

DEXHEIMER UND DIE WEINLESE

Glaubt man der Bierwerbung, dann gibt es nur das Quellwasser, die Gerste, den Siegelhopfen und das alles seit über 1000 Jahren. So war es schon immer, so wird es auch künftig sein – Bier eben.
Ganz anders der Wein! Man höre nur einmal hin, worüber in diesen Tagen, kurz vor der Weinlese, allerorten geredet wird:
Die Weinblüte verlief nicht optimal, zu kühl, zu feucht. Das Wetter im Frühjahr, die Sonne im Juni, der Juli durchwachsen, August naja, September zufriedenstellend. Der Reifestand früher Sorten ist uneinheitlich, die Roten brauchen noch Zeit, dafür könnte der Riesling gut werden. Wann gehts los? Oder besser noch warten? Feilschen um die letzten Sonnentage. Die Nächte werden schon kühl …
Klingt alles ziemlich kompliziert, ist es auch. Die Erzeugung guter Weine ist nämlich eine Kunst.
Im Prinzip, also vom Rebschnitt im Winter bis zur Abfüllung gerechnet, dauert es wenigstens ein Jahr, den Wein herzustellen. Nach dem Wachstum im Weinberg beginnt mit dem Reifeprozess im Keller nun die zweite Hälfte des Weges. Auf das Können des Winzers kommt es dabei wesentlich an.
Die Weinlese ist der Wendepunkt, an dem die Traube aus der Verantwortung der Natur in die des Winzers wechselt. Allerdings: Was jetzt nicht an Qualität draußen am Stock hängt, kann später nicht in der Flasche sein. Aus dem Keller kommt im Frühjahr nichts Besseres heraus, als der Herbst hinein bringt.
Sonne, Regen und Wind, Fleiß, Wissen und Technik, sowohl im Weinberg als auch im Keller – sie alle tragen ihren Teil zur Güte des Weines bei.
Das Maximum, die höchstmögliche Qualität, wird jedoch in dem Augenblick festgelegt, da ein Leser die Traube von der Rebe schneidet.
Darum ist die Zeit der Weinlese so atmosphärisch.