27.09.15 – F – Landessportbund Hs. : Erklärung zur Flüchtlingshilfe

 

 

Frankfurt
BEKENNUNG ZUR FLÜCHTLINGSHILFE
>>> Landessportbund verabschiedet Erklärung zur Flüchtlingshilfe sowie Resolution „Schule und Verein“

 

Quelle: Landessportbund Hessen e.V.

 

FRANKFURT. Der 27. Sportbundtag des Landessportbundes Hessen hat am Samstag eine Erklärung zum Thema „Flüchtlingshilfe“ verabschiedet. Darin bekennt sich der organisierte Sport in Hessen offen zur Flüchtlingshilfe.

Zudem fordern die Delegierten aus ganz Hessen Kultusminister Prof. Dr. Alexander Lorz in einer Resolution auf, den Stellenwert des Sports in den Schulen generell zu erhöhen und damit der überragenden Bedeutung des Sports für die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden.

Nachfolgend die Erklärung und die Resolution im Wortlaut.

 

ERKLÄRUNG
Der Landessportbund Hessen e.V. bekennt sich offen zur Flüchtlingshilfe

 „Als größte freiwillige Personenvereinigung des Landes Hessen bekennt sich der Landessportbund Hessen mit seinen 23 Sportkreisen, 54 Verbänden, 8.000 Vereinen und 2,1 Millionen Mitgliedern zu einer toleranten und weltoffenen Gesellschaft.“

Mit dieser Erklärung anlässlich des 27. Sportbundtages in Frankfurt am 26. September 2015 setzen die Delegierten ein Zeichen gegen Diskriminierung und Fremdenhass und bekennen sich zur demokratischen und sozialen Verantwortung des Hessischen Sports in der aktuellen Flüchtlingskrise.

Der Sport in Hessen sieht es als eine gemeinsame humanitäre Aufgabe an, Flüchtlingen Chancen für neue Lebensperspektiven in einer offenen, friedlichen und sportlichen Gesellschaft zu bieten. Er verurteilt jede Form von Rechtsextremismus, von Übergriffen und Ressentiments gegenüber Flüchtlingen.

Die Situation der Flüchtlinge, ihre wachsende Anzahl und die damit verbundenen Herausforderungen beschäftigen Sportvereine und -verbände in unserem Land zunehmend.

Dabei kann auf den vielfältigen Erfahrungen und den vorhandenen Netzwerken aus der langjährigen Integrationsarbeit aufgebaut werden.

Vereine gründen sich auf dem Selbstverständnis von gegenseitigem Respekt und der Übernahme von Verantwortung für Sport und für das soziale Miteinander.

Vereine tragen in hohem Maße zum friedlichen Miteinander in unserer Gesellschaft bei und bieten Raum, um sich kennenzulernen, auszutauschen und gemeinsame Erfahrungen zu sammeln.

Vereinsmitglieder engagieren sich hierfür ehrenamtlich und gerade aktuell weit über das normale Maß hinaus.

Aber viele Kommunen in Hessen sind inzwischen aufgefordert, deutlich größere Zahlen von Flüchtlingen unterzubringen als bislang vorgesehen war. Zunehmend werden Unterbringungen nur noch möglich, wenn kurzfristig Sporthallen als Notunterkünfte zur Verfügung gestellt werden.

Die betroffenen Sportvereine reagieren fast ausnahmslos mit großem Verständnis und bieten häufig Hilfestellung an.

Sportvereine sind aber zugleich auf zeitgemäße und funktionale Sporträume in angemessenem Umfang angewiesen. Dabei haben Vereine immer wieder ihre Bereitschaft gezeigt zusammenzurücken, wenn einzelne Sporthallen oder Sporträume der Kommune aus unterschiedlichen Gründen geschlossen oder anderweitig belegt werden müssen. Dies gilt bislang auch für die Nutzung von Sporthallen als Notunterkünfte für Flüchtlinge.

Doch Sporträume sind auch wichtige und unverzichtbare Begegnungsstätten für die Bevölkerung und zugleich Integrationsräume für Flüchtlinge. Dies gilt in gleichem Maße auch für Schulen, die für ihren Sportunterricht zwingend auf Sportstätten angewiesen sind.

Daher sind Sporthallen aus humanitären Gründen als mittel- oder langfristige Massenunterkünfte ungeeignet.

Der Landessportbund Hessen verfolgt mit Sorge, dass zunehmend Sporthallen sehr kurzfristig und für unklare Zeiträume mehr als einen Übergangszeitraum für die Unterbringung von Flüchtlingen zweckentfremdet werden.

Er appelliert daher an die Verantwortlichen auf Landesebene und in den Kreisen, Städten und Gemeinden,

– das Engagement von Sportvereinen und -verbänden für Flüchtlinge unbürokratisch und spürbar zu unterstützen,

– die Nutzung von Sporthallen und anderen Sporträumen als Flüchtlingsunterkünfte in Anzahl und Dauer auf ein unvermeidbares Minimum zu begrenzen.

In die Entscheidungsfindung sind die regionalen
Vereine und die Sportkreise frühzeitig einzubeziehen.

– ein mögliches Bleiberecht für bereits integrierte Flüchtlinge ernsthaft zu prüfen.

Wir müssen gemeinsam alles tun, damit Trainings-, Sport und Spielbetrieb der Sportvereine regulär durchgeführt werden können. Nur so kann der Sport dauerhaft seine integrative Wirkung zum Wohle Aller vollumfänglich entfalten.

 

   
RESOLUTION
Vor dem Hintergrund

– dass Heranwachsende heute deutlich mehr Zeit in der Schule verbringen als vor 10 oder gar 50 Jahren,

– dass die „Ganztagsschule“ die deutsche Bildungslandschaft innerhalb einer Dekade grundlegend verändert hat,

– dass der Sport den größten Anbieter am Schulnachmittag darstellt,

– dass dem Vereinssport trotz großer Chancen auch erhebliche Gefahren durch die Ausweitung des Schulsports entstehen,

– vieler guter Beispiele für eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen Schule und Verein in den und mit den Städten und Landkreisen,

– der Notwendigkeit, die Zusammenarbeit zwischen
Kultusministerium, dem organisierten Sport sowie Städten und Landkreisen auf Augenhöhe zu intensivieren und auszubauen,

fordert der Sportbundtag den Kultusminister auf,

1. den Stellenwert des Sports in den Schulen generell zu erhöhen und damit der überragenden Bedeutung des Sports für die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden;

2. bei der Entwicklung und Ausweitung der außerunterrichtlichen Ganztagsangebote in den Schulen den Schulterschluss mit dem organisierten Sport und insbesondere den Sportvereinen noch enger zu gestalten und die Belange des Sports systematisch einzubeziehen sowie die Schulzeit generell auf 16 Uhr zu begrenzen

3. während der Erprobungsphase und bei der Umsetzung des „Paktes für den Nachmittag“ in den Grundschulen dem Bedarf der Kinder nach mehr Sport und Bewegung  im Angebotsbereich gerecht zu werden und gemeinsam mit dem organisierten Sport eine Übungsleiter-Offensive für den Ganztag noch in diesem Schuljahr zu starten;

4. das 2012 modifizierte Programm „Schule und Verein“ nach der nunmehr dreijährigen Erprobungsphase zügig auszuwerten und die Programmmittel um die ursprünglich geforderten 100.000 Euro noch im Schuljahr 2015/16 zu erhöhen. Dabei sollte auch der Bereich „Sport und Flüchtlinge“ einbezogen werden;

5. im Bereich der Ausbildung für die Grundschullehrer/-innen das Kernfach „Sport“ wieder einzuführen und die Fortbildung zu intensivieren;

6. ein Sonderprogramm für die Sanierung von Schulturnhallen aufzulegen sowie bei der Nutzung von Schulturnhallen (durch Schulen) ausreichend Zeiten für den Vereinssport zu gewährleisten und gemeinsame Nutzungsmöglichkeiten der Sportanlagen durch den Schul- und Vereinssport gemeinsam mit den Schulträgern weiterzuentwickeln;

7. die für den Schulsport so wichtige Funktion der
Schulsportkoordinatoren mindestens zu erhalten und außerdem personelle Ressourcen für die Koordinierung der Zusammenarbeit von Schule und Sportverein bereitzustellen.

Der Sportbundtag regt weiterhin an,

8. dass Kultusministerium und organisierter Sport noch im laufenden Schuljahr gemeinsame Konzepte entwickeln, die tägliche Sportstunde zunächst in den Grundschulen – unter Zugrundelegung einschlägiger Pilotprojekte und vorhandener Modelle – einzuführen;

9. das Konzept zur Neuordnung der „Schulsportzentren“ gemeinsam mit dem organisierten Sport nunmehr zügig umzusetzen;

10. die Rahmenvereinbarung zwischen Kultusministerium und organisiertem Sport zu unterzeichnen.