59-JÄHRIGER WEGEN SCHWEREM SEXUELLEN MISSBRAUCH VOR GERICHT
Dem anfänglichen Leugnen folgte ein zögerliches Geständnis
Von: Rolf Müller, KreuznacherNachrichten.de
IDAR-OBERSTEIN / BAD KREUZNACH (28.01.13). Wieder muss sich das Bad Kreuznacher Landgericht mit einem Fall von schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern beschäftigen: Die Bad Kreuznacher Staatsanwaltschaft wirft einem 59 Jahre alten Mann aus Idar-Oberstein vor, er habe sich an seiner, zum Tatzeitpunkt, vierjährigen Stiefenkelin und dem damals gerade erst einmal fünf Jahre alten Stiefenkel vergangen. Die Taten sollen sich bereits im November und Dezember 2000 zugetragen haben.
Mit dem Jungen habe der Mann laut Anklage, damals in drei Fällen den Anal- und Oralverkehr vollzogen, das Mädchen im Intimbereich gestreichelt.
Der Prozess vor der 2. Großen Strafkammer unter Vorsitz von Richter Dr. Bruno Kremer begann mit erheblicher Verspätung, denn der Angeklagte, der unter Diabetis leidet, hatte sich von seiner Frau ins Krankenhaus bringen lassen. Dort aber, so Kremer später in der Verhandlung, hätten die Ärzte bei dem Mann nichts feststellen können, was ihn daran gehindert hätte, am Prozess teilzunehmen. So ließ die Kammer den Angeklagten von der Idar-Obersteiner Polizei abholen und ihn nach Bad Kreuznach ins Justizgebäude bringen.
Anders als von seiner Verteidigerin zunächst angekündigt, leugnete der Mann die Tatvorwürfe. Er sei in Heimen aufgewachsen und dort selbst durch ältere Mitbewohner und Erzieher missbraucht worden. Das soll sich in Kinderheimen in Erlangen und Bad Dürkheim zugetragen haben.
Gearbeitet hatte der Angeklagte nach eigener Auskunft nach seiner Schulzeit bei Speditionen und bei den amerikanischen Streitkräften in der Küche. Bei der Bundeswehr sei er allerdings rausgeflogen, weil er dort Autos gestohlen hatte. Dafür sei er ein Jahr ins Gefängnis gegangen. Ansonsten ist der 59-Jährige aber ohne Vorstrafen. Nach der Haft sei er zunächst obdachlos gewesen, bis er seine, inzwischen, Ex-Frau kennenlernte.
Auf intensives Nachfragen durch Richter Kremer und Beratung mit seiner Verteidigerin gab der Mann schließlich doch zu, seine Stiefenkeltochter im Intimbereich gestreichelt zu haben. Nach einer weiteren Unterbrechung und erneuten Rücksprache mit seiner Verteidigerin erklärte der Angeklagte dann weiter, er habe auch den Jungen gestreichelt.
Bruno Kremer erinnerte den Mann daran, dass seine Stiefenkel durch die Polizei befragt worden sind, und auch Zeugen darüber Angaben machen konnten, wie sich die inzwischen Jugendlichen Ihnen offenbart hatten.
Erst dann, und nach einer weiteren Unterredung mit seiner Verteidigerin, konnte sich der Angeklagte dazu durchringen auch den Anal- und Oralverkehr, den er mit dem Jungen seines Stiefsohnes hatte, zuzugeben. Allerdings könne er sich daran nicht so recht erinnern, weil er stets betrunken gewesen sei.
Mit diesem Geständnis konnte der Angeklagte den beiden Stiefenkeln zwar eine Aussage vor Gericht ersparen, doch seine Schwiegertochter, die mit seinem Stiefsohn verheiratet war berichtete als Zeugin vor Gericht, wie sehr die beiden jungen Leute noch heute unter den Taten leiden. Ihren Sohn bezeichnete sich als verhaltensauffällig und aggressiv. Beide hätten einen Hang zur Selbstverletzung.
Bei der Befragung der Zeugin stand auch im Raum, dass ihr damaliger Ehemann, als Kind oder Jugendlicher, ebenfalls durch den Angeklagten, also seinen Stiefvater missbraucht wurde. Diese Frage wurde aber zu diesem Zeitpunkt durch das Gericht nicht weiter konkretisiert, zumal eine solche Tat inzwischen auch verjährt wäre.
Ein Mitarbeiter der Kriminalpolizei berichtete, wie er den Stiefenkel befragt hatte. Der habe ihm sehr eindrucksvoll und glaubwürdig von den Übergriffen, und von den schlimmen Schmerzen, die er dabei erlitten haben will, erzählt. Bei dem Mädchen habe er den Eindruck gehabt, dass da mehr gewesen sei, als sie habe offenbaren wollen.
Am Nachmittag erstattete eine Sachverständige ihr Gutachten zur Glaubhaftigkeit der Aussagen der beiden Stiefenkel. Ein psychiatrischer Sachverständiger untersuchte den Angeklagten anschließend auf seine Schuldfähigkeit.
Der Prozess wird am 31. Januar fortgesetzt.