30.08.12 – GERICHT: Plädoyers im Bäckereiverfahren

VERTEIDIGUNG BEANTRAGT FREISPRUCH

Von: Rolf Müller, KreuznacherNachrichten.de

BAD KREUZNACH (30.08.12) Im Verfahren gegen den ehemaligen Betreiber einer Großbäckerei in Stromberg wurden heute die Plädoyers gehalten. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft Guido Horn beantragte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100 Euro, also insgesamt 4.000 Euro. Im Strafbefehl, gegen den der Angeklagte Einspruch eingelegt hatte, sollte der Firmenchef noch zu einer Verwarnung unter Strafvorbehalt verurteilt werden.
Die fahrlässige Körperverletzung sei nachgewiesen, so Horn. Der Angeklagte sei seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Er hätte in eine neue Backstraße oder zumindest in neue Backbleche investieren müssen, damit die Mitarbeiter keine Verbrennungen erleiden würden. Das er eine Fachkraft für Arbeitssicherheit beschäftigt habe, entbinde den Angeklagten nicht von seiner Verantwortung als Unternehmer.
In jedem Betrieb würde es mal zu Blessuren kommen, ohne dass gleich von einer „Hölle auf Erden“ gesprochen würde, wie es Günther Wallraff tue, erklärte Verteidiger Franz-Josef Schillo im Gespräch mit den KreuznacherNachrichten. de. Wallraff hatte sich in dem Betrieb anstellen lassen, um dort vermeintliche Missstände aufzudecken. Missstände, von denen alle möglichen Aufsichtsbehörden, wie die Berufsgenossenschaft zum Beispiel, während ihrer Kontrollen nichts bemerkt hätten, so Schillo. Der Verteidiger aus Dresden stellt die Arbeitsweise des Journalisten Wallraff in Frage: „Der Film, der die angeblichen Gefahrenquellen im Betrieb dokumentieren sollte, war gut gemacht, zum Nachteil meines Mandanten.“ Wallraff habe einen wahren „Hype“ um zehn Brandblasen gemacht, von denen übrigens alle gut verheilt seien. Wirklich schwere Verletzungen habe es keine gegeben. Ob in diesem Dunstkreis ehemalige Mitarbeiter der Firma als Zeugen in ihren Aussagen wirklich unbefangen waren, sei fraglich. Schillo wies darauf hin, dass eine Reihe von Fällen, wie etwa eine angebliche Kopfverletzung, zu der es ebenfalls in der Bäckerei gekommen sein soll, bereits von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurden. Für seinen Mandanten, der während des gesamten Verfahrens nicht zu der Verhandlung gekommen war, beantragte Franz-Josef Schillo Freispruch.
Das Urteil soll am Donnerstag, dem 6. September, gesprochen werden.