31.12.12 – DEXHEIMERS GEDANKEN: „Der Jahreswechsel“

DEXHEIMER UND DER JAHRESWECHSEL

Heute feiern wir Abschied vom alten Jahr, morgen den Beginn eines neuen.
Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen, steigen wir damit ganz tief hinab in verborgene Winkel unserer Seele.
Der schon Tage vorher gern gewünschte „gute Rutsch“ kommt wahrscheinlich aus der jüdischen Tradition und meint in etwa, dass Gott – nicht der Mensch – ein gutes neues Jahr verleihen möge.
Die Knallerei um Mitternacht wurzelt in der germanischen Vorstellung, man müsse Wotans Gespensterheer verscheuchen. Und der klassische Neujahrswunsch ist auch nicht frei von Transzendenz. Denn wer „Prosit Neujahr“ ruft, meint wörtlich: Es sei dir für. Er glaubt folglich, das Jahr selbst habe Kräfte, die Böses oder Gutes bewirken können.
Logisch und rational, so wie der moderne Mensch sich gerne darstellt, ist am Jahreswechsel gar nichts. Selbst das Datum ist rein intuitiv gewählt. In anderen Kulturen findet das Ereignis an völlig anderen Tagen statt.
Genau besehen widersetzen wir uns also an Silvester dem Diktat einer perfektionierten durchorganisierten Welt. Wir stellen Vergangenheit und Zukunft unter den Schutz des Mystischen.
Vielen ist das so fremd, dass sie sich zugleich mit Alkohol die Sinne benebeln müssen, erst nach heftigem Kater wieder den „klaren Kopf“ finden, um sich dem technokratischen Alltag neu zu stellen. Das mag auch daran liegen, dass der gebannte Blick auf die Uhr an das größte aller Mysterien gemahnt: Jedem schlägt seine Stunde.