26.10.12 – DEXHEIMERS GEDANKEN: Das Streben nach Glück

DEXHEIMERS GEDANKEN
Das Streben nach Glück

Es gibt, das habe ich kürzlich erst erfahren, tatsächlich eine wissenschaftliche Disziplin der Glücksforschung.
Die damit Befassten denken sich Definitionen aus, streiten um Methoden und entwickeln Bewertungstechniken, als sei das Glück messbar wie ein Bruttosozialprodukt, von dem es nachweislich unabhängig ist.
Am Rand des breiten Forschungsspektrums lauern zwei Extreme: Die einen behaupten, es gäbe gar kein Glück, sondern nur eine Summe von Empfindungen wie Macht, Erfolg, Reichtum, Gesundheit. Die anderen sehen im Streben nach Glück schon die Ursache des Unglücklichseins. Denn wenn sich nach dem Lesen eines Dutzends Glücksratgeber das ersehnte Hochgefühl dennoch nicht einstellt, kann dieser Terror des Glücklichseinmüssens schnell in Frust umschlagen.
Ich bevorzuge die Glückstheorie des römischen Philosophen Seneca. Der meinte, Glück sei der Naturzustand, bei dem man leider ständig von außen gestört wird. Sein Rezept: Sich einfach nicht stören lassen.
Diese in Fachkreisen als „stoische Ruhe“ bezeichnete Lebensform, wird praktisch in dem studententischen Wahlspruch: Prüfungen lassen sich wiederholen, gute Partys nicht!
Ob es mit dieser Sichtweise das Glück als System und Dauerzustand überhaupt geben kann, darüber mögen die Glücksforscher sich streiten.
Ohne das Talent, die durchaus vergängliche Sorglosigkeit des Augenblicks zu genießen, wird es jedenfalls unerreichbar bleiben.