13.09.12 – GERICHT: Apotheker verweigert Insulinspritze – Beschimpt

FALL „ARSCHLOCH“ GEGEN JUNGE FRAU EINGESTELLT

Von: Rolf Müller, KreuznacherNachrichten.de

BAD KREUZNACH (13.09.12). Insgesamt 400 Euro Strafe (40 Tagessätze) sollten eine junge Frau und ihr Freund jeweils bezahlen, weil sie einen Apotheker beleidigt hatten. So urteilte das Amtsgericht, nachdem die beiden gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt hatten. Gegen diese Entscheidung legte die 23-Jährige und ihr Freund Berufung ein. Jetzt kam der Fall vor das Landgericht.
Es war die Silvesternacht 2011 auf 2012, als die junge Frau merkte, dass ihre Blutzuckerwerte mit 500 ml/dl ganz erheblich überschritten waren. Mit ihrem Freund, der in dieser Nacht zum Jahreswechsel schon etwas dem Alkohol zugesprochen hatte, fuhr die Diabetikerin per Taxi zu einer Notapotheke. Dort wollte sich der Mann für die Freundin eine Insulinspritze geben lassen. Der Apotheker verweigerte aber die Herausgabe. „Junkies geben wir hier nichts“, soll der Apotheker gesagt haben, erinnerte sich der Mann in der Verhandlung vor dem Amtsgericht. Das sei auch der Grund für seinen Ausraster gewesen, als er den Apotheker als „Arschloch“ bezeichnete.
Dem Koma nahe kam nun auch die Freundin an die Notdienstklappe der Apotheke und bat ebenfalls und eindringlich um eine Insulinspritze. Außerdem will sie dem Apotheker ihr Gerät zum Messen des Blutzuckerspiegels mit dem aktuellen Wert gezeigt haben. Doch der weigerte sich weiter, eine Insulinspritze herauszugeben. Statt dessen verwies er die beiden an das nächste Krankenhaus. Nun platzte auch der jungen Frau der Kragen:“Geben Sie mir endlich die Spritze, Sie Arschloch, ich will nicht sterben.“ Nun rief der Apotheker die Polizei.
Seine Mandantin habe bereits am Vormittag in dieser Apotheke eine Insulinspritze gekauft, nachdem ihr „Pen“, ein Dosierungsstift zum injizieren von Insulin, kaputt gegangen war, so Rechtsanwalt Axel Balzzer gegenüber KreuznacherNachrichten.de
Die Mitarbeiterin habe sie noch mit dem Hinweis auf den Nachtdienst aufmerksam gemacht, sie könne wieder vorbeikommen,  falls noch Spritzen benötigt würden.

Dagegen will der Apotheker, nach eigener Aussage vor Gericht, keine Insulinspritzen mehr vorrätig gehabt haben.
Nach ihrem Erlebnis mit der Apotheke fand die Diabetikerin glücklicherweise noch in ihrem Hausmüll die Spritze vom Vormittag, mit der sie sich dann das Insulin noch injizieren konnte.
Im Fall der jungen Frau sah der Vorsitzende Richter Dr. Matthias Friedrich keinen Grund mehr das Verfahren weiter zu betreiben und stellte es gegen Zahlung von 180 Euro ein. Außerdem bleiben ihr die Prozesskosten erspart.
Der mitangeklagte Freund, der aus gesundheitlichen Gründen nicht vor Gericht erscheinen konnte, zog nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin Stefanie Angermann seine Berufung zurück.